Die Verantwortlichen des Lebensmittelhandwerks im Kreis Steinfurt machen mobil gegen das von der Landesregierung NRW geplante Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz (KTG). Das Gesetz, das die verpflichtende Veröffentlichung der Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen vorsieht, führe zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung zugunsten industriell hergestellter und verpackter Lebensmittel und schade Unternehmen im Lebensmittelhandwerk. Das verdeutlichten Vertreter der Fleischer-Innung, der Bäcker-Innung und der Konditoren-Innung Steinfurt sowie die Führung der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf (KH) nun in einem Gespräch mit der Landtagsabgeordneten Christina Schulze-Föcking. Sie baten die CDU-Politikerin dringend, in Düsseldorf dafür einzutreten, das umstrittene Gesetz zu stoppen.
Zum Hintergrund: Im Sinne des Verbraucherschutzes möchte die Landesregierung mit dem neuen Gesetz KTG die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen öffentlich machen. Als Anhaltspunkt für den Verbraucher soll ein sogenanntes Kontrollbarometer erstellt werden, das in den Farbbereichen Grün, Orange und Rot das Abschneiden eines Betriebes bei der Kontrolle signalisiert. Wer Lebensmittel an Endverbraucher verkauft, muss das Kontrollbarometer, das auch Hygiene-Ampel genannt wird, sichtbar in seinen Verkaufsräumen anbringen, so der Gesetzesentwurf.
„Aus unserer Sicht wird hier eine ganze Branche für das mögliche Fehlverhalten einiger weniger vorverurteilt“, sagte KH-Hauptgeschäftsführer Frank Tischner. Allein die von der Landesregierung propagierte Notwendigkeit eines solchen Gesetzes lasse bei vielen Verbrauchern den Verdacht aufkommen, dass im Lebensmittelhandwerk irgendetwas nicht stimmen könne. Die Innungsvertreter des Lebensmittelhandwerks begrüßten grundsätzlich das Ansinnen, Betriebe zu motivieren und etwaige Mängel abzustellen. „Wir haben aber große Bedenken, ob das dadurch gelingt, dass Betriebe wie im Mittelalter an den Pranger gestellt werden“, sagte Stefan Loske, Obermeister der Fleischer-Innung. Schon heute gebe es ausreichende Sanktionsmöglichkeiten vom Bußgeld bis hin zur zwangsweisen Betriebsschließung.
Auch das Instrument des Kontrollbarometers sei mehr als fragwürdig. Ein Pfeil in drei Farbverläufen sei letztlich viel zu ungenau, um dem Verbraucher verlässliche Informationen zu liefern. „Wir bezweifeln stark, dass die Kriterien, die der Hygiene-Ampel zugrunde liegen, zu mehr Transparenz für den Verbraucher führen“, so Obermeister Berthold Probst von der Konditoren-Innung. Er sei sich aber sicher, dass die Betriebe der Lebensmittelhandwerke mit noch mehr bürokratischem Aufwand befrachtet werden.
Ein großes Problem sehen die Vertreter des Lebensmittelhandwerks im Umgang mit SB-Packungen, die laut Gesetzentwurf keiner Kennzeichnungspflicht unterliegen. „Es besteht die Gefahr, dass der Verbraucher bei SB-Packungen den Eindruck gewinnt, dass sie zu 100 Prozent lebensmittelrechtlich korrekt hergestellt wurden“, sagte Klaus Schröer, stellvertretender Obermeister der Bäcker-Innung Steinfurt. „Das führt zu einer weiteren Wettbewerbsverzerrung und zu einer klaren Bevorteilung industriell hergestellter oder verpackter Lebensmittel“, monierte Frank Tischner. Verbraucher könnten zunehmend zu SB-Waren greifen und damit das Lebensmittelhandwerk erheblich schwächen. Die Vorverurteilung und der im Gesetzentwurf enthaltene Generalverdacht könnten keinesfalls hingenommen werden.
Christina Schulze-Föcking stimmte der Einschätzung der Handwerksvertreter zu. Deshalb werde sie auch ihren Einfluss als Landtagsabgeordnete geltend machen und alle Möglichkeiten ausschöpfen, das von der rot-grünen Landesregierung auf den Weg gebrachte Gesetz zu entschärfen. „Viele der 32 Prüfkriterien beziehen sich auf die Dokumentationspflicht der Betriebe und die Zuverlässigkeit des Lebensmittelunternehmers mit dem Ergebnis, das beispielsweise eine Bäckerei, in der ordnungsgemäß gereinigt wird, dieses aber nicht ausreichend dokumentiert ist, genauso mit Minuspunkten bestraft wird wie ein Unternehmen, in dem die Mäuse durch die Werkstatt laufen“, so die Politikerin. „Dieses System schafft nicht die gewünschte Transparenz für Verbraucher, gefährdet aber die Existenz vieler Bäckereien, Konditoreien und Fleischereien, die ordnungsgemäß arbeiten, aber nun von Bürokratie und Kosten zusätzlicher Kontrollgebühren überlastet werden.“